Ich bin ein ganz scharfer Hund...
Das Miese Kaff hat heute anscheinend eine Freundlichkeitsoffensive gegen mich gestartet. Vor allen Dingen die Busfahrer.

Da hat sich wohl rumgesprochen, wer dem zuständigen Fuzzy bei der Gemeinde Emails schickt, wenn was nicht funktioniert...

**zähnefletsch**

Und jetzt sind sie alle ganz furchtbar beflissen und nett und fallen über ihre eigenen Füße in dem Bemühen, mir zu Diensten zu sein.

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petersilie, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 09:39
Ich verstehe leider nur Busbahnhof.

Hat man die Busfahrer des Öffentlichen Personennahverkehrs jetzt mit einem Phantombild von Ihnen ausgestattet, damit die zu Ihnen erlesen freundlich sind?

Und das alles, damit der Boss von denen Ihre eMails nicht lesen muss?

Kann der vielleicht nur ganz schlecht lesen?

Oder sind Sie am Ende gar der einzige Fahrgast auf dieser Linie, und deshalb braucht's gar kein Phantombild?

Ich bitte um Aufklärung.

sethos, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 12:03
Das Miese Kaff ist wirklich ein Kaff. So richtig. Ein kleines, spießige Kaff im Speckgürtel von München, unmittelbar hinter der Stadtgrenze. Auf der betreffenden Buslinie kreist genau ein Büsli (ausgebauter Mercedes-Lieferwagen), das unter der Ägide des MVV von einer privaten Firma betrieben, aber von der Gemeinde 'Mieses Kaff und Anderes Mieses Kaff' zum überwiegenden Teil finanziert wird.

Ein Büsli braucht auch nur einen Fahrer, bzw., ein Büsli, das von 6 Uhr morgens bis 8 Uhr abends zirkuliert, braucht 2 Fahrer, die sich um 13 Uhr abwechseln. Die private Firma ist ein mieser Billigheimer-Verein, der die einheimische angestammte Busfirma rein finanziell auf Teufel komm raus unterboten hat, und absolut nicht liefert, was im Vertrag steht. Verspätungen, mit denen man die S-Bahn verpaßt, sind eher üblich, und die sind da teilweise schon mit Material rumgefahren, daß es eine Sau grauste, alten belgischen Linienbussen, die bei schlechter Parksituation nicht durch die Gassen paßten, oder ausgemusterten Reisebussen, wo die Kinderwägen und die Ommas mit Gehhilfe schlicht nicht reinkamen und einfach zurückgelassen wurden.

Vor langer Zeit hatte ich mal eine Kollegin dort, ein etwas eigenes Marketing-Schneck, die kannte den Bürgermeister (natürlich CSU) vom Miesen Kaff, und hatte eine Mail-Adresse für den, wo der auch wirklich drangeht. Da ich wußte, daß die Gemeinde das Büsli subventioniert, habe ich dem also dann mal gemailt, und der wiederum hat mich an den Menschen weitergereicht, der im Rathaus für den Verkehr zuständig ist; und da ich sozusagen aus der richtigen Richtung kam (und nicht von unten von der Straße), werde ich von dem auch beachtet.

Es hat sich auch schon unglaublich viel verbessert, aber in der letzten Zeit ist bei einem der beiden Busfahrer wieder so eine Dauerverspätung von ca. vier Minuten eingerissen, wodurch ich in beiden möglichen Richtungen die S-Bahn knapp verpasse und dann bei den späten Zeiten, zu denen ich aus der Sklaverei zu kommen pflege, 19 oder 18 Minuten auf einem kalten S-Bahn-Steig frieren muß. Das hat mir nun gar nicht gepaßt, also habe ich mal wieder eine Stänker-Offensive gestartet.

Und dem anderen Busfahrer, der von seinem Kollegen selbst genervt war, weil der auch zur Ablöse zu spät kam, habe ich davon erzählt, als der mal wieder schimpfte.

Daraufhin muß es wohl von der Gemeinde Richtung Busfirma mal wieder einen ordentlichen Einlauf gegeben haben, und der andere Busfahrer muß auch etwas gesagt haben, denn jetzt sind sie alle ganz furchtbar freundlich und beflissen. Sogar andere Passagiere -- bei einem Bus von der Größe eines aufgebohren Lieferwagens hält sich das Aufgebot an potentiellen Passagieren in Grenzen, und über die Jahre kennt man dann schon alle so vom Sehen. Am Montag abend, nach Beginn dieser Freundlichkeitsoffensive, hielt mich eines der schwarzen Mädels (als ich da anfing zu arbeiten, waren das zwei Kinder; jetzt sind sie Teenager) aus der Siedlung gegenüber meiner Sklaverei an und berichtete mir, das kleine Büsli sei wieder liegengeblieben; daraufhin bedankte ich mich und ging zum großen Bus an der anderen Haltestelle (der wird von der einheimischen angestammten Firma betrieben, fährt absolut zuverlässig, fährt zwischen dem Miesen Kaff und dem nächstnördlicherene S-Bahn-Strang hin und her und wird von dem großen Möbelhaus zu 100% bezahlt, das genau dazwischen liegt und mittels diese Buslinie auch autofreie Kundschaft anzieht, hält aber nicht direkt an meiner Sklaverei, sondern etwas ab; früher war es noch weiter weg, aber die haben vor ca. einem Jahr ihre Linie geändert, so daß sie jetzt zumindest für den Notfall zur Diskussion stehen), und nahm den.

Gestern habe ich einen Kollegen gebeten, ein Auge auf das Büsli zu halten, ob es kommt oder nicht; aber es kam total pünktlich.

Ich nehme an, die anderen Passagiere betrachten mich jetzt als eine Art Passagiersprecher, weil ich ans Rathaus schreiben kann und dann sogar was passiert, weshalb auch das schwarze Mädel an mich Rapport erstattet hat. Deshalb sind sie jetzt plötzlich auch besonders freundlich zu mir, weil ich ja ihre Partikularinteressen vertreten kann. Das erklärt die Freundlichkeitsoffensive des gesamten von mir wahrgenommenen Kaffs.

Das Kaff, das Rathaus, und das Büsli sind klein genug, und ich bin einfach genug zu beschreiben, daß die mich wirklich alle kennen können.

Auch ohne aufgehängtes Phantombild.-

petersilie, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 14:22
Ein roter Kater rechts, ein schwarzer links auf'm Buckel - da fällt man schon auf...

Und Ihre Sklavenfabrik, die befindet sich also in MiesesKaff?

Ich dachte die Menschen aus allen miesen Käffern gingen nach Minga zum Arbeiten und kehrten dann abends wieder in ihre Kuhdörfer zurück.

Sapperlott, ich bin wirklich nicht up to date, denn in LeDorf arbeitet definitiv niemand, außer vielleicht bei der Gemeinde, und ob das, was die da tun ernsthaft als "Arbeit" bezeichnet werden kann (im Gegenteil produzieren die glaube ich Arbeit, für alle, die mit Ihnen zu tun haben...), bleibt mal dahingestellt.

Auf jeden Fall wäre mal wieder bewiesen, dass es für eine Karriere als Klassensprecher nie zu spät ist.

jean stubenzweig, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 15:04
Gut ist's, daß es Stänkerer gibt. Es müßte mehr geben, nicht nur in Elchling.

sethos, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 17:43
@petersilie: Ja, die Sklavenfabrik ist im Miesen Kaff. Hier arbeiten schon paar Leute, vor allem, weil es hier dieses nette kleine Gewerbegebiet gibt, und das Miese Kaff anscheinend nur ganz moderat Steuern haben will, im Vergleich zu München. Wohnen würde ich hier NIE! Es ist einfach zu mies, als daß man auch nur tot überm Zaun hängen möchte. Und ich finde es ganz entspannend, mich antizyklisch bewegen zu können. Vollgepackte S-Bahnen sind eher selten. Die passieren nur morgens zwischen acht und zehn, wenn die Sklaven von den größeren Sklavenfabriken in Haufen zur Arbeit eilen; aber da bin ich meist noch nicht unterwegs. Meine Sklaverei hat nach nunmehr zehn Jahren kapiert, daß mein Hirn in der Frühe nur ein schwammiges Kleinbißchen ist, das sie vom Boden eines Kanopenkrugs abkratzen könne, und dann hängt es vom Kratzer und hilft ihnen gar nichts; aber dafür bleibe ich dann freudig abends, bis entweder alles getan ist oder das letzte Büsli fährt, denn mit Einbruch der Dunkelheit werde ich erst richtig lebendig. So ist das mit den untoten Altägyptern. Ich segle unter der Bezeichnung nicht nur, weil meine Schwester eine Sphinx ist; das hat Gründe...

@jean stubenzweig: Normalerweise finde ich Profi-Stänkerer und Hobby-Querulanten eher lästig; aber das Miese Kaff (hahaha Elchling! Guter Name!) ist klein genug und funktioniert klüngeltechnisch genug, daß das Stänkern beim zuständigen Menschen in der Gemeinde wirklich Ergebnisse zeitigt, also mache ich es. Mir stinkt es einfach, bei diesen Temperaturen am Bahnsteig zu stehen und zu bibbern (und meine Zeit mit Dingen zu verbringen, die ich gar nicht machen wollte, statt denen, die ich machen wollte), also wurde der iranische Busfahrer hingehängt, und der russische Busfahrer behandelt mich jetzt, als wäre er der leibeigene Diener und ich der adlige Herr in einer russischen Novelle aus dem 19. Jhd. Was für Landsleute sie sind, hat natürlich gar nix zu sagen bzgl. ihrer Qualität als Busfahrer; ich merke mir nur so, welcher welcher ist. Es gibt auch noch den bayerischen Busfahrer, aber der hat Urlaub. Der iranische Busfahrer telefoniert manchmal bei der Fahrt, und ich muß sagen, Farsi klingt schon wirklich faszinierend, und wie genau überhaupt gar nichts anderes, was ich kenne, nicht mal Hindi...

petersilie, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 19:34
Genau.

Das ist nämlich wertvolle Lebenszeit, die da total ungenutzt verstreicht, und dabei wird auch noch Energie verschwendet
Ich habe jüngst dem Ungatten auf einem Weihnachtsmarkt eine warme Stoffkappe (so à la Sean Connery) erstanden, und bei diesem Qualitätsprodukt deutscher Provenienz war eine Broschüre dabei, in der es hieß, dass beim Menschen die meiste Körperwärme über den Kopf entweicht...
zumal man an Haltestellen nicht nur kopfmäßig, sondern mal gerne ganzkörperfriert.

Und außerdem sind Sie ja Alleinerzieher zweier minderjähriger Kater - ewig kann man die ja abends auch nicht warten lassen.

Und Farsi hin oder Russki her, wenn man sich in Deutschland schon nicht mal mehr auf Sekundärtugenden wie Pünktlichkeit verlassen kann, dann ist echt alles zu spät, vor allem eben: Der Bus.

sethos, Mittwoch, 1. Dezember 2010, 20:20
Die Kater wollen ihr Futter, und der Mensch will an seinen Computer; vor allen Dingen aber ist es kalt, und das verdirbt nach mehr als 5 Minuten die Laune.

Im Sommer würde ich wohl weniger stänkern.

Heute nahm mich ein Kollege im Auto zur S-Bahn mit, und an der Haltestelle fürs Büsli standen 4 Sklaven der Nachbarfirmen bibbernd 6 Minuten nach Fahrplan bibbernd im Schneetreiben. Das ist nicht mehr Sekundärtugend (oder Abwesenheit derselben), das treibt die Leute in die Arme des motorisierten Individualverkehrs.-

petersilie, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 14:49
Ich bin ja früher, wie ich noch ein Stadtpflänzchen war, völlig ohne Auto ausgekommen; ich hatte zwar eins, habe es aber äußerst selten genutzt, da alle Wege in LaStadt zu Fuß kürzer waren, als der Weg dahin, wo ich das Auto geparkt hatte.
Seit ich nun eine Land-Petersilie bin ist das Auto echt zentraler Bestandteil des täglichen Lebens geworden. Will ich beispielsweise in's benachbarte LeStädtchen, muss ich alleine schon mal zwölf Minuten zur Haltestelle laufen. Der Bus hält dort total dezentral, was mir einen weiteren Fußweg von ca. 20 Minuten einbrächte. Mit dem Auto fahre ich von meiner Haustüre in 12 Minuten ins Zentrum von LeStädtchen. Und da bin ich.
Krasser ist est noch, wenn ich nach LaStadt fahren will: Mit dem Auto ca. 35 Minuten, mit dem ÖPNV erstmal die Prozedur nach LeStädtchen, von dort mit der s-Bahn in 25 Minuten nach LaStadt/Hbf, von dort nochmal 15 Minuten an meine Hauptwirkungsstätte in LaStadt.
Der letzte Bus zurück fährt von LeStädtchen nach LeDorf so gegen sieben Uhr abends - da können Sie ja mal ausrechnen, wann man sich dann in LaStadt auf'n Weg machen müsste.
Beim Ungatten ist es geradezu oberverschärft: Obwohl er in einer echt riesigen Sklavenfabrik mit hunderten von Sklaven arbeitet, gibt es überhaupt keinen ÖPNV, der früh genug fährt, dass er zur rechten Zeit in seine Frühschicht käme, und nach der Spätschicht gibt's kein Verkehrsmittel zurück.
Da gibt's bei Führerscheinverlust oder dergleichen nur noch Taxis, und die sind auch dünn gesät. Bleiben nur private Fahrgemeinschaften, und das geht auch nie lange gut.
Ich hab' dem Ungatten natürlich Ihre Geschichte erzählt, und da sagte er mir, mit seiner Sklavenfabrik sei es das gleiche, wie bei Ihnen gewesen. Mit dem Unterschied, dass sich keiner gewehrt hat, und dass nach einem Jahr nur noch ein einziger Fahrgast in dem Büsli saß.
Da hat das Privatunternehmen, das dieses Büsli fuhr (wenn es denn mal fuhr) den ganzen Fahrbetrieb wegen Unrentabilität eingestellt. So 'rum geht's natürlich auch.

jean stubenzweig, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 15:07
Elching. – Sie leben dort und haben das noch nie gehört? Allerdings muß ich korrigieren, «richtig» heißt es Elching, also ohne das zweite l vor dem ing. Auf jeden Fall war dieses «miese Kaff» schon immer bekannt dafür, ein solches zu sein. Meine Tochter mit Familie hat kurzzeitig dort gewohnt.

Da sind wir uns sicher einig, daß es nicht um Profi-Stänkerei geht. Doch es ist nunmal so, daß die wenigsten sich wehren, weil sie oft gar nicht wissen, wie das geht, oder schlicht Angst haben. Weshalb es immer wieder jemanden braucht, der in der Lage ist, zumindest (und zunächst) verbal auf die Barrikaden zu gehen. Das zählt meines Erachtens zum gesellschaftlichen (Selbst-)Verständnis.

sethos, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 15:56
Sie bestätigen mich also beide darin, weiterzustänkern? Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt?

Schaun wir mal, was für Klöpse sich das Büsli am Montag leistet. (Weil die meisten meiner Mitsklaven auf einer Messe sind, feiere ich heute und morgen Überstunden ab.) Wenn ich innerhalb kürzerer Zeit wieder eine Email ans Rathaus schreiben muß, dann ist gestern abend, mit den Leuten, die bibbernd an der Bushaltestelle standen, und dem Hinweis, daß der Möbelhaus-Bus doch auch immer durchkommt, auf jeden Fall dabei.

@ jean stubenzweig: Sind Sie sicher, daß es dasselbe Miese Kaff ist? Da gibt es eine ganze Reihe von denen im Umkreis von München. Allerdings gibt es bei meinem alten Post auf boocompany zum Markworts-Gänseessen Klarnamen, also könnten Sie kennen...

jean stubenzweig, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 18:36
Ich meinte gelesen zu haben: Norden von München sowie Möbelhaus, das Buslinie finanziert. Damit schien es mir eindeutig. Boocompany lese ich sehr selten, und das Thema Markwort habe ich bereits Anfang der Neunziger für beendet erklärt. Aber nun habe ich es gelesen, demnach habe ich mich mit dem Norden und so auch mit Elching vertan, das wohl auch nur Münchner deshalb kennen, weil sie das tun, was offensichtlich alle Deutschen gerne tun: immerzu (schwedische) Möbel kaufen (auch wenn sie aus China kommen).

sethos, Donnerstag, 2. Dezember 2010, 19:15
Nein, es ist das andere Möbelhaus, und der Osten von München.

Markwort hätte mich auch nicht interessiert, wenn sie den nicht damals als Ehrengast beim Martinsgänseessen der lokalen CSU mit diesem hervorragend scheußlichen Plakat angekündigt hätten. Und dann hat dieser Möchtegern-Wichtigblogger Turi mein Foto davon geklaut ohne nachzufragen verwendet...

Ach ja, das waren die alten Zeiten.-