TMI*
Eigentlich will ich das alles gar nicht wissen; wirklich, was so ein berühmter Internet-Fatzke** in seiner Freizeit tut, will ich lieber bitte gar nicht wissen müssen.

Und finde es ziemlich beschissen, daß das jetzt ernsthaft Teil des öffentlichen Diskurses sein muß, um rauszufinden, ob die Anklage echt oder eine Falle ist.

Seine Arbeit ist alles, was für Julian Assange sprechen sollte, und die ist wesentlich, weltbewegend und wichtig.

Jetzt hat aber jemand dem Guardian die Unterlagen der schwedischen Staatsanwaltschaft geleakt, und jeder kann sich von den Argumenten beider Seiten, und dem jeweils behaupteten Hergang ein detailliertes Bild machen.

Ich mochte das nicht mal alles gründlich lesen; ich finde es nicht so schön, so detaillierte Dinge über wildfremde Personen des öffentlichen Lebens zu erfahren. Das ist wie der notionale alljährliche Siemens-Betriebsräte-Gangbang; das könnte mich auch überhaupt nicht locken, da Kollegen beim Poppen zugucken zu müssen. Und so ähnlich appetitlich sind diese ausgebreiteten Assange-Details...


*Internet-Sprech für 'Too Much Information'.

** Der soll die Finger von den Weibern lassen, das ist alles so kontraproduktiv. Nach seiner Freilassung in London bei der kurzen Pressekonferenz stand schon wieder so ein blondes Schneck neben dem und himmelte ihn an. Das ist doch nicht mehr feierlich!

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gorillaschnitzel, Samstag, 18. Dezember 2010, 23:02
Der Typ an sich mag ziemlich unsympathisch erscheinen (für mich zumindest; der erscheint so selbstvergessen und selbstüberzeugt arrogant wie verliebt in sich selbst und ist in etwa so sympathisch wie der herkömmliche Mediendepp ist, jede Pressekonferenz lässt grüßen).
Es ist allerdings auch so, dass Wikileaks nie angeklagt wurde, nicht angeklagt ist und wahrscheinlich macht genau das die Macht aus: Sie können Assange aus dem Verkehr nehmen, aber sie können nicht Wikileaks aus dem Verkehr nehmen. Assange ist vielleicht das Gesicht von Wikileaks und dessen prominentester Mensch, aber er ist nur ein Teil von Wikileaks.

sethos, Samstag, 18. Dezember 2010, 23:22
Wikileaks hat auch schon den nächsten Sprecher am Start, einen Isländer. Der ist da auf seiner Insel sicher, weil für die Isländer Wikileaks nach der Veröffentlichung interner Kaupthing-Papiere als Helden gelten.

'Sie' (altmodische Presse, große Firmen und analog-bürokratische Demokratie, also die üblichen Klüngel-Kameraden) haben keine Chance gegen Wikileaks, weil sie die Natur verteilter Online-Kollaboration nicht verstehen. Die denken, es gäbe Chefs; dabei gibt es nur Hub Nodes und Administratoren. Wenn einer ausfällt, wächst der nächste in die Rolle rein. Tot geht so ein Projekt nur, wenn ein ausreichend großer Prozentsatz der Beteiligten die Lust verliert oder sich rausgegrault fühlt durch irgendwelche Edit Wars oder sonstigen wank...

gorillaschnitzel, Samstag, 18. Dezember 2010, 23:38
....und genau das ist der Punkt: Sie (hier: Die "Herrschenden") kapieren Bewegungen nicht mehr, das beste Beispiel ist Stuttgart21: Da sagte man mal, es handele sich um Berufsdemonstranten, dann um Wutbürger, dann hieß es, es seien die Alt68er, dann sagten sie, alles sei demokratisch legitimiert (oha, neue Stufe, Difamierung ist ab jetzt out)....sie haben es nicht verstanden und werden es wohl auch erst verstehen, wenn Wahlen gelaufen sind. Mir etwa geht es schon lange nicht mehr um einen Bahnhof. Mir geht es um einen grundlegenden Wexxel. Nicht mehr.

sethos, Sonntag, 19. Dezember 2010, 00:21
'Sie' kapieren uns nicht mehr, weil sie so sehr in ihrer Partikularrealität stecken, daß sie nicht mehr spitzkriegen, daß für den Rest der Welt 'purple' immer noch lila ist...

Und daß es für uns möglich ist, aus der Realität, die sie versuchen, uns zu verkaufen (und uns auch immer mal verkauft haben, siehe meinen Post über das Islam-Bashing in Hollywoodfilmen) einfach auszusteigen und die Sache vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen.

Und sie verstehen nicht, wie sich Bewegungen mit der Geschwindigkeit und Führerlosigkeit eines Fischschwarms im Internet zusammentun können.