Passiv aggressiv, aktiv kinderfeindlich
Ich habe hier schon ein paar Mal über die Probleme geschrieben, die der unvermeidliche Umgang mit anderer Leuts Kindern bereitet.

Sie haben alles zu dürfen, und man darf sich nicht daran stören, nicht mit ihnen reden, sie erst recht auf keinen Fall irgendwie berühren (auch nicht festhalten, wenn sie gerade im großen Stil wo runterfallen), und bei Notfallmaßnahmen muß man damit rechnen, hinterher von den Erziehungsberechtigten angeblafft zu werden. Man darf auch auf keinen Fall zu besagten Erziehungsberechtigten etwas sagen. Eine mir bekannte Lady machte mich neulich auf einen ganz besonders bizarren Fall auf ihrer Blogroll aufmerksam, wo die betreffende Blogger-Kollegin ihr Obst im Garten rausreißen muß, damit nicht die Kinder der mit dem Vermieter verwandten Nachbarn das pflücken, essen, und sich damit den Magen verderben.

Was tut der Mensch (oder der untote Altägypter) in so einem Fall? Ignorieren, Schutzwälle bauen.

Dafür gibt es inzwischen eine Mehrheit.

Ich saß heute in der S-Bahn auf dem Weg zur Sklaverei, da kam eine Oma mit ihren zwei Enkelkindern im Grundschulalter rein, die schwatzten und quietschten und hüpften, wie das so Kinderchen so tun. Die Oma setzte sich mir schräg gegenüber in die selbe Sitzbuchte, und versuchte, die Kiddies in der Buchte gegenüber unterzubringen, aber die blieben natürlich nicht sitzen, was der eine bisherige Insasse der Buchte dazu nützte, schnell seine Zeitung auf den leeren Sitz zu legen und dann so zu tun, als wäre überhaupt nichts los. Die Lady mir gegenüber und ich selbst stopften uns schleunigst die Ohrhörer unserer jeweiligen MP3-Player ins Ohr, um die Blagen gepflegt ignorieren zu können, und ich tat auch den Teufel, meinen Rucksack vom Sitz neben mir wegzunehmen, wie ich es für erwachsene Mitreisende natürlich tun würde, weil ich als langjähriger IT-Hansel resource hoggery hasse wie die Pest.

Die Lady, die schon in der anderen Buchte gesessen hatte, hatte keine solche Abwehmaßnahme zur Verfügung, starrte aus dem Fenster, und litt sichtbar.

OMG, was waren wir alle 'kinderfeindlich'! Aber was soll man bittesehr sonst machen? Möglichst a) kein fremdes Kind neben sich sitzen lassen, möglichst b) ausblenden, wenn sie laut kreischen und quietschen, und so tun, als würden sie und ihre Aufsichtsperson gar nicht existieren, weil man sonst aufgefordert wird, den Sitz freizumachen, und dann tritt a) in Kraft.

Wir haben nichts gegen die. Wirklich nicht. Zwei knuffige Kiddies und ihre Oma -- wer kann da was gegen haben?

Aber nach der verbrannten Erde in der gesellschaftlichen Diskussion der letzten Jahre geht nur noch Sicherheitsabstand und Ignorieren.

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sid, Donnerstag, 8. März 2012, 15:29
Ist nicht leicht - aber Kinder sind mir am End noch immer lieber als fremde Hunde.
Weil, was der Hund will oder nicht, versteh ich leider nicht. Die Besitzer dazu meistens auch nicht und wenns um Leinen- + Maulkorbpflicht in öffentlich. Verkehrsmittel geht und man noch immer von einem Freiläufer ähm... bemerkt wird und es unschön findet, kann man sich dann noch a Goschen anhängen lassen - wie man bei uns so schön sagt... Ist auch zu viel verlangt, die Hinterlassenschaften dann auch wegzumachen.

Allerdings haben wir bei der Arbeit auch so Fälle, wo Kind/er + Begleitperson/en ein Chaos hinterlassen, da fragt man sich...
Gestern hab ich einfach mal hinterher geräumt, obwohl ich weder noch kannte, aber fand, die Rezeptionistin hatte schon genug damit zu tun, das zugeschissene WC zu benutzen.
Die hab ich Stunden später dann gesehen - das Wort Zumutung trafs dann auch nimmer, es war einfach beschissen...

Ist halt so - wenn die Eltern das vorleben, kann man fast nichts sagen, tun oder machen... bloß hoffen, daß noch bisserl Hirn und Verstand nachwachsen...

sethos, Donnerstag, 8. März 2012, 17:54
Solange die Kinder selber der Meinung sind, man habe sie mit Samthandschuhen anzufassen, wird das nix mit dem Nachwachsen, fürchte ich. Da muß eine berufene Person (am besten nachweislich weiblich und selber Mutter) erst einmal mit Unsamthandschuhen zulangen, so wie die Sphinx bei einem ihrer Ferienbetreuungskinder (Kommentar bei einem meiner hier verlinkten Posts). Dann merkt das Kind, ups, hier war vielleicht Ende Gelände. Dafür braucht man aber fast den Gegenwert eines polizeilichen Führunszeugnisses und eines gynälologischen Attests, um sich das rausnehmen zu können. Ein hergelaufener untoter Altägypter kann sich nur verbarrikadieren.

Hunde finde ich da noch weniger anstrengend. Ich kann mit Hunden, konnte ich schon immer. Auch mit den Problemhunden.

sphingula04, Donnerstag, 8. März 2012, 20:54
...ähm, ich bitte aber doch zu beachten, dass ich das besagte Kind lediglich von der Brüstung gepflückt und geerdet habe, ich habe nicht "zugelangt" - das würde ich weder bei eigenem noch bei fremden Kind tun, bitte sehr.

Ansonsten finde ich es doof, extra Sitzplätze zu verbarrikadieren, nur damit Omma mit Enkeln sich nicht zu einem setzen kann. Besagte Enkel hatten Dir doch gar nichts getan - und komplett Leisestellen kann man Kindern nun mal nicht, zumindest mit humanen und/oder legalen Methoden.

Ansonsten empfehle ich bei fremden lauten Kindern, sie erst einmal freudig anzustrahlen - je jünger sie sind, desto eher bringt sie das aus dem Konzept und sie werden leiser, klappt eigentlich auch noch bei Grundschulter. Vielleicht das nächste Mal..?

(Wahrscheinlich sollte man das aber auch öfter mal bei Eltern versuchen, wenn ich mir den Beitrags oben anschaue, von wegen Eltern und Kinder bei der Arbeit... zumal ich die Erfahrung bei meiner Arbeit in gewisser Form auch öfter machen darf. *grmpf*)

sid, Donnerstag, 8. März 2012, 21:21
Ich versteh auch nicht, wie man Speisen und Getränke so leicht zB in die Öffis zwar reinschleppen, aber nimmer mit rausnehmen kann. Heute über einem MCD Sackerl gesessen.

@sethos
Sagen wirs mal so - ungefragt möchte ich weder von fremden Tieren, Kindern oder sonstigen Lebewesen belästigt werden ; )
Und eigentlich bis selten auch nicht von bekannten.

sethos, Freitag, 9. März 2012, 00:27
Klar haben sie mir nichts getan, und ich habe auch eigentlich nichts gegen Kiddies neben mir. Und ich bin sicher, der Zeitungsleser auch nicht. Aber du darfst ja nix machen, wenn sie dich dann treten oder sowas! Also lieber Abstand halten.

sid, Freitag, 9. März 2012, 02:12
Treten ist nicht schön, Lärm und spucken auch nicht - da ist es egal, wie alt der Mensch ist.
Ich finde es auch nicht gut, wenn am andren Ende vom Wagon jemand derart laut Musik hört, daß ich nicht mal mehr eine Seite in Ruhe lesen kann (lese doch nur unterwegs Bücher).

Letztens durfte ich auch ungefragt die Hälfte eines Gesprächs mithören - ganz ehrlich gesagt (und das Buch war grad spannend!) interessiert es mich nicht, wer wann mit wem schläft, nun schwanger ist und über einen Abbruch nachdenkt. Ich finde das ist derart privat, daß man das NICHT öffentlich bereden muß. Aber die Mobilzombies haben heute vor eh fast gar nix mehr Respekt. Vor sich selbst auch nicht.

sethos, Freitag, 9. März 2012, 02:17
Dafür habe ich eben die laute, düstere Musik auf meinem eigenen Allzweckcomputerchen. Die stopfe ich mir in die Ohren, dann muß ich das nicht mehr hören. Und geselle mich wieder zum römischen Kaiser Hadrian, statt zu den Banalitäten von heute.

sphingula04, Freitag, 9. März 2012, 09:00
Ähm, die Kinder haben Dir nichts getan und Du hast auch gar nichts gegen Kinder neben Dir, aber weil Du nichts machen dürftest, wenn sie Dich treten würden, legst Du lieber Deinen Sack neben Dich, damit da bloß kein Kind sitzen kann?

Wegen max. 2% der Kinder, die vielleicht tatsächlich treten würden und sich auf fröhliche/gestrenge Blick nicht auf dem Konzept bringen lassen, lässt Du lieber mal alle Kinder stehen.

Die Logik solltest Du lieber noch einmal selbst überdenken...

Ich werde das nächste Mal in der S-Bahn lieber gleich mit meinen Kindern im Gang stehen bleiben, damit sie keinen armen Menschen ängstigen müssen. *puh*

sethos, Freitag, 9. März 2012, 13:55
Ich war ja nicht der einzige -- ich schreibe das ja gerade, weil die anderen Leute, die schon vorher drin waren, genauso reagierten. Am ärgsten war sowieso der Zeitungsleser, der nämlich mit seiner Zeitung erst nachlegte, als das erste Kind dort gesessen hatte und wieder aufgehüpft war.

Und fährst du denn mit deinen Kindern S-Bahn? Wenn ja, greift ihr euch am besten eine leere Buchte, wenn es die da, wo ihr einsteigt, noch gibt, anstatt stehen zu bleiben. Voll wird es auf dem Weg in die Stadt rein wohl erst zwei Stationen später? Wer sich dann noch zu euch setzt, der hat es wirklich so gewollt.