Montag, 23. Juli 2007
'Out Of Africa'-Theorie, subjektiver Beweis
Der Mensch stammt aus dem äthiopischen Bergland - mehrere evolutionäre Entwicklungsschübe sind immer wieder von dort ausgegangen. Die Zivilisation stammt wohl auch aus dem äthiopischen Bergland und ist von da den Nil heruntergeschwommen gekommen. Irgendwas ist da oben, womit es sich vielleicht näher zu beschäftigen lohnen könnte, huh?

Auch Telepolis beschäftigt sich mit dieser Theorie und ihren möglichen Beweisen*, was sehr angebracht ist, denn eine der selbstgestellten Aufgaben der vierköpfigen Einmannredaktion (sorry, kann Hülpis Insider bei Boocompany gerade nicht finden, um ihn hier einzulinken) ist es, immer den aktuellen Diskurs in relevanten Wissenschaften darzustellen, deshalb gibt es gerne etwas zu Quantenphysik, Autismus oder Evolution.

Nun also die Abstammung aller Menschen aus dem äthiopischen Hochland. Da oben ist es politisch und geographisch etwas unwirtlich, sonst würden sicherlich mehr Leute zur Wiege der Menschheit pilgern. Gibt's da denn was zu sehen? Ja.

Da sind nämlich Leute, die sind dort nicht ausgewandert; das sind aber imemr noch die selben Leute wie die, die ausgewandert sind und sich überall auf der Welt den klimatischen Gegebenheiten angepaßt haben (und deshalb inzwischen in ihrem Aussehen etwas diversifiziert und spezialisiert sind). Überall - nicht mal die australischen Aborigenes, die dessen eine Zeitlang verdächtigt wurden, haben auch nur einen Tropfen Neanderthalerblut, oder, um es korrekter auszudrücken, auch nur einen Neanderthalermarker in ihrem Genom.

Dies wurde mir persönlich sehr klar, als der Nazgul und ich letztes Wochenende in einer U-Bahn-Station herumsaßen und zwei äthiopische (amharische?) Frauen vorbeikamen - nicht äthiopischer als wir alle, natürlich, siehe oben, aber doch erst sehr viel später von dort ausgewandert, so wie in 'sie wurden dort geboren'. Vielleicht waren sie auch keine Amharinnen (hatten nicht die groß-mager-langschädelig-Konfiguration, wegen der die Model-Agenturen mit Vorliebe in dem Teil Afrikas auf die Jagd gehen, siehe Iman oder Waris Dirie), aber auf jeden Fall Äthiopierinnen.

Ich schaute sie an, und stellte plötzlich fest, daß ich wirklich dem Prototyp des Menschen gegenüberstand - sie paßten eigentlich ein bißchen überall hin. Asiatisch, afrikanisch, europäisch - es war von allem etwas in diesen beiden Ladies. Als wenn man die Weltbevölkerung proportional zusammengeworfen und ineinandergemorpht hätte - nur waren die beiden nicht das Endergebnis, sie waren der Ausgangspunkt.

Ist das vielleicht der Grund, warum die Modelagenturen mit Vorliebe in diesem Teil Afrikas Jagd auf Talente machen? Nicht wegen der 'exotischen Schönheit', sondern vielmehr, weil sie dort Menschen finden, mit denen sich in unserer globalisierten Warenwelt irgendwie jeder identifizieren kann, weil sie mit jedem etwas gemeinsam haben - die unmodifizierten Nachfahren der gemeinsamen Vorfahren von uns allen?

Darüber lohnt sich, weiter nachzudenken, während Andy Collins' Theorien** erstmal weiter memetisch auf Eis liegen.


* Nur für die Sache mit der Evolution, nicht der Zivilisation. Das mit der Zivilisation habe ich vor ein paar Jahren einem exzentrischen Briten namens Andrew Collins, der beim Herumstolpern mit der Wünschelrute anscheinend auf eine Goldader gestoßen war, mit gnadenlos rationalistischer Interviewtechnik eigenhändig aus den Rippen geleiert. Es ist eine Außenseitertheorie, die man im Moment höchstens Leuten vom Kaliber eines Mathias Bröckers andrehen könnte; ich bin aber gerne bereit, ein paar Jahrzehnte zu warten, bis es für das freie Assoziieren eines sehr eigenwilligen Engländers auch Beweise gibt, die zu Fuß nachkommen können - und dann freudig zu krähen: 'Das habe ich doch gleich gesagt!'.
** AKA völlig unbewiesene Hypothesen, zu deren Äußerung vor kleinem Publikum ich ihn geradezu mit Daumenschrauben gezwungen habe; er hat noch nicht mal ein Buch drüber geschrieben. Nicht, daß ein Buch von ihm irgendeine Beweiskraft hätte, say sorry. Es ist nur ein Factoid, auf dem ich jetzt mal so lange sitzen bleibe, bis er irgendwo in einen sinnvolleren Kontext paßt - analog zu der Sache mit der Sparkassen-IT und dem 'es gibt immer einen größeren Fisch' in einem boocompanytechnischen Kontext.

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