Montag, 1. Oktober 2007
Dekadentes kleinasiatisches Bankett, das Sally gefunden hat.

Wenigstens ein oder zwei Rezepte davon unbedingt ausprobieren!

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Arbeitsteilung
Die Menschen saufen.

Der Kater kotzt.-

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Kulturschaffende
Wie ich schon gelegentlich erwähnte, gehört zu der großen Variation an Interessen, auf die ich mich in spontanen 'Forschungsanfällen' manchmal stürze, auch Rudolf Nurejew?

Und meine gute Freundin Sally aus Wales hatte mich auf dieses neue Buch über Nurejew hingewiesen, das bei der BBC in Ausschnitten im Radio vorgelesen wurde?

Nun, in dem Teil vom Montag jener Woche wurde ein Tänzer aus Ostberlin erwähnt, der mit Nurejew in Leningrad* studiert hatte. Den Namen konnte ich nicht verstehen, aber das fand ich nicht weiter bedenklich bei einem englischen Vorleser, der auch 'Shang Silly Say' sagte. Ich riet mal, das sollte 'Theo' heißen, und machte mit keine Gedanken. Dieser Mann soll Nurejew ermutigt haben, in den Westen zu gehen, blieb aber selber im Osten hinterm eisernen Vorhang stecken. Außerdem hat er jede Menge Bilder und Amateurfilmaufnahmen gemacht, die sehr aufschlußreich sein dürften, nach den online gefundenen Beschreibungen.

Dann schloß die BBC die heimliche Nurejew-Themenwoche mit einer Fernsehdokumentation über dessen frühen Jahre in Rußland ab, die im Gegensatz zu den Radiosendungen nicht einfach im Internet zu sehen war. Auch auf YouTube ist bis jetzt zu meiner Frustration nichts zu finden.

Aber ich habe ein bißchen gegoogelt und im Internet herumgestochert, und als ich den tatsächlichen, kompletten Namen von diesem Menschen fand, fiel ich fast vom Sofa vor Lachen.

Knut-Teja Kremke.

Das muß man sich mal einfach auf der Zunge zergehen lassen, und sein Hirn drum wickeln.

Knut**-Teja, geboren 1941. Dieser Name ist nicht nur der absolute, hinterletzte Abschuß, was die damals populären Doppelnamen angeht, sonder spricht so absolut Bände über den Zeitgeist, die Bildung der Eltern, und was man so für originell hielt, ich mußte wirklich massiv kichern.

Ich meine, ich habe in jungen Jahren, irgendwann in den frühen 80er Jahren auch von meinen Vorfahren unreflektiert den guten alten 'Krampf um Rom'*** in die Hand gedrückt gekriegt, und verschlungen, weil ich damals historische Romane einfach nur klasse fand. Ich habe sogar Gustav Freytag's 'Ahnen' gelesen und fands klasse, auch wenn ich heute nicht mehr sagen könnte, was drin stand.

Also konnte ich den Namen Teja sofort einordnen, was natürlich erheblichzu meiner Erheiterung beitrug.

Nachdem ich also erstmal erfolgreich erheitert war und mein Interesse geweckt war, habe ich dann als nächstes die Google-Suche auf 'deutsch' beschränkt, um all die Blog- und Zeitungsartikel aus England und Australien und wo sonst noch die BBC-Dokumentation schon gelaufen ist, auszuschließen. Wollte doch mal sehen, was die Quellen sonst noch so über den Mann zu vermelden hatten. Daß keiner über seinen Namen spotten würde, war mir klar, aber vielleicht hatte er sonst was geleistet, er war schließlich Tänzer und Photograph.

Sogar ein verdammt guter Photograph, wie die Bilder, die die Blog-und Newsartikel begleiteten, klar zeigten.


Rudolf Nurejew in Leningrad, Photo von Knut-Teja Kremke

Alles, was auftauchte, war ein alter DDR-Bildband von 1967 über das 'Leningrader Ballett'. Der geht für 'nen Appel und 'nen Ei her, also habe ich ihn prompt bestellt.

Der Mann machte wirklich hervorragende Photos. Mit seiner alten DDR-Kamera**** und dem unvermeidlichen Orwo-Material machte der Bilder, die lassen den Nazgul mit seiner digitalen SLR von Nikon noch neidisch werden.

Mal abgesehen davon, daß die Bilder auf sämtliche Bildunterschriften verzichten, einfach eine Geschichte des russischen Balletts als Vorspann, und Listen von Balletts und Tänzern im Anhang haben, was den guten Knut-Teja Kremke in die Lage versetzte, drei oder vier Photos von dem zu dem Zeitpunkt längst in den Westen abgehauenen und zum Weltstar gewordenen Nurejew reinzuschmuggeln - der machte einfach unglaublich gute Bilder. Ich muß mal in den nächsten Tagen ein paar davon auf den Scanner legen - der hat Querformate, auf Doppelseiten, da findet sich auf der einen Seite eine ungemein dramatische Geste, und die andere Seite ist nur dunkel, wo die Tiefe der Bühne die Beleuchtung phototechnisch einfach nur komplett verschluckt hat.

Eine Seite einfach schwarz. Nichts drauf außer schwarzer Farbe, die die Dramatik der Szene unterstreicht. Einfach nur eine schwarze Seite.

Die Kulturschaffenden der guten alten DDR waren nicht nur ganz schön raffitückisch, siehe oben, sie konnten sich auch sowas erlauben - das war ja nicht politisch suspekt.

Ist eine schwarze Seite politisch suspekt?

Suspekt waren laut meinen englischsprachigen Quellen auch die Umstände von Knut-Teja Kremkes Ableben im Alter von 37 Jahren, also nach Adam Riese ungefähr 1978? Keine Ahnung, was sie damit sagen wollen. Ich werde es vielleicht herausfinden, wenn das Buch in der nächsten Woche oder so eintrifft.

Ich finde das jetzt alles erstmal massiv interessant. Was ich damit machen werde -- keine Ahnung. Wenn ich das Buch über Nurejew habe, werde ich dem guten Knut-Teja Kremke (hach, der Name ist so schön schräg, den muß man einfach immer voll ausschreiben) erst mal 'nen Wikipedia-Artikel spendieren, auf Englisch und Deutsch.

Und dann? Mal sehen. Vielleicht nichts. Vielleicht recherchiere ich dann was anderes...


* Sorry, damals hieß das wirklich Leningrad. Die Umbenennerei in dieser Stadt treibt mich regelmäßig in den Wahnsinn (und das ist noch, bevor ich anfange, mich über die Transskription kyrillisch geschriebener Namen aufzuregen, die beliebig variiert werden kann) - also versuche ich, immer den Namen zu verwenden, der zu der Zeit, von der ich rede, gültig war. Ich habe einen Experten an der Hand, der mir die wechselnden Namen der Petersburger Straßen im Laufe der Zeiten genau erläutern kann.

** Den Teil mit Knut lassen die Autorin der neuen Nurejew-Biographie und der Dokumentarfilmer gleich weg. Ich glaube, 'Knut' kennen die da nur im Zusammenhang mit kleinen Eisbären, während 'Teja' für die einfach nur massiv exotisch klingt.

*** Spitzname naheliegend wegen des unglaublich bemühten und geschraubten Stils, in dem das Buch geschrieben ist. Ich habe in den späten 90ern, nachdem ich einiges vom Personal dieses meines alten Lieblingsbuchs in Gary Jennings' 'Raptor' wiedergetroffen habe, nochmal versucht, das Buch wiederzulesen, und konnte nicht. Konnte einfach komplett nicht - der Stil war so schrecklich, das konnte man doch nicht lesen und ernst nehmen! Und so viele Seiten davon! Und das Buch fiel eh auseinander. Nein, also wirlich, nein!!

**** Mein Vater hat noch so ein Ding. Spiegelreflexkamera von Leica aus den 1960ern, völlig manuell/mechanisch, mit separatem Belichtungsmesser. Sehr kompliziert zu bedienen, braucht Rollfilm, macht aber massiv gute Bilder, wenn sie denn erst mal welche macht. Was jedes mal ungefähr so lange dauert wie das Laden eines Vorderladers. Umso mehr Respekt habe ich für Knut-Teja Kremke und die unglaubliche Bewegung und Dramatik in seinen Photos.

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